Seminarprogramm am Samstag, 05.03.2021, 13.30 – 15.00 Uhr

Aufgeben ist auch (k)ein Behandlungsziel?

Spaltung, Projektion und therapeutische Krisen

Prof. Dr. Philipp Martius

Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie, Sozialmedizin, Ärztliches Qualitätsmanagement, Supervisor und Lehrtherapeut

 

Im Kontext von „Spaltung und Krise" werden im Vortrag Spaltung, Projektion und projektive Identifikation als Abwehrmechanismen aus klinisch-tiefenpsychologischer Perspektive beschrieben. Die Klärung ihrer Wirkung und Funktion in der Psychotherapie führt zu Überlegungen, wie damit im Rahmen der Behandlung umgegangen werden kann. Anhand von Fallvignetten soll verdeutlicht werden, dass dieser Prozess eine wesentliche Voraussetzung für die Veränderung des psychischen und psychosomatischen Leidens ist. Mein Anliegen ist auch, zur Diskussion zu stellen, wie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten individuell hilfreiche Kriterien für das therapeutische Machbare und das therapeutisch Unmögliche entwickeln können.

 

 

Resonanzkörper im digitalen Raum: Die leibliche Weltbeziehung in der Pandemie

Dr. Jens Beljan

Institut für Erziehungswissenschaft (FSU Jena), Wissenschaftlicher Begleiter im Bereich Schulentwicklung der Universaale Schule Jena am Lehrstuhl Schulpädagogik und Schulentwicklung

 

Resonanz in der Beziehung zur Welt zu erfahren, kann als eine Voraussetzung psychischer Gesundheit verstanden werden. Wenn wir uns mit der Welt nicht mehr verbunden fühlen, die Beziehung zum eigenen Selbst schweigt und das Verhältnis zu vitalen Weltbereichen verstummt, steigt die Gefahr psychopathologische Störungen auszubilden. Resonanz ist eine leibliche Erfahrung.

In resonanten Beziehungen wird der Leib buchstäblich zum Resonanzkörper. Was aber geschieht mit dem Draht zur Welt, wenn unter Pandemiebedingungen, sozialer Distanzierung und physischer Begrenzung, die leiblichen Bezugspunkte zu den Mitmenschen, zum eigenen Selbst, aber auch zu öffentlichen Sphären wie Bildung, Natur und Kultur radikal eingeschränkt werden? Welche Risiken entstehen insbesondere für junge Menschen, wenn körperliche Nähe und leibliche Anwesenheit von resonanten Kontaktpunkten, zu repulsiven Gefahren werden? Und was geschieht mit den Resonanzeigenschaften, wenn Weltbeziehungen digitalisiert werden?

 

Kollektive Angststörung von (inter-)nationaler Tragweite

Dr. Hans-Joachim Maaz

Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie

Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie/Psychoanalyse

Vorsitzender des Choriner Instituts für Tiefenpsychologie und psychosoziale Prävention, Vorsitzender der „Hans-Joachim Maaz-Stiftung Beziehungskultur“

 

Die Corona-Pandemie wird als Auslöser für eine kollektive Angststörung von (inter-) nationaler Tragweite interpretiert. Es besteht ein Angstkomplex aus Infektions- Realangst, politisch-medial geschürter Panik und reaktivierten individuellen Ängsten aus „Frühstörungen“ und dem „falschen Leben“ bei sehr vielen Menschen.

Die unterschiedlichen Frühstörungs-Ängste werden nach den ursächlichen mütterlichen und väterlichen Beziehungsstörungen differenziert. Dieser Angstkomplex trägt wesentlich zur Spaltung der Gesellschaft bei. Und die Qualität der Ängste beeinflusst den Abwehrprozess bezogen auf die reale Einstellung im Pro und Contra zu den Anti-Corona-Maßnahmen. Im zunehmenden feindseligen Streit zwischen den Befürwortern und den Kritikern des Regierungshandelns zur Bekämpfung der Pandemie wird von der schweren Krise der Gesellschaft- der narzisstischen Normopathie -abgelenkt.

Das Seminar am Nachmittag von Herrn Dr. Maaz kann leider nur in Präsenz stattfinden, da es vom Austausch und unmittelbarer Kommunikation lebt.